Work & Travel – Reisen und Arbeiten in einem fremden Land
Hoteltester als Job: Alles was man wissen muss
Work & Travel ist unter jungen Leuten beliebt: Nach dem Abi oder dem Studium ein Jahr Auszeit nehmen und durch Australien, Neuseeland oder Nord-Amerika reisen. Völlig frei und ungebunden. Das nötige Geld verdient man sich dabei im Gastland – egal ob in einer Bar, auf einer Farm oder in einer McDonalds-Filiale. Großer Beliebtheit erfreut sich das sogenannte Fruit Picking. Dieser Begriff klingt nach Abenteuer. Zu Deutsch wird der Begriff jedoch etwas entzaubert: Ein Fruit Picker ist nichts anderes als ein Erntehelfer. Dennoch: Mit gebräunter Haut auf einem Feld im australischen Nirgendwo zu stehen und Früchte zu ernten, ist für viele der Inbegriff von Work & Travel.
Vor der Abreise
Damit die Auszeit vom Alltag zum Erfolg wird, sollte man vor der Abreise und direkt nach der Ankunft einiges beachten.
Work & Travel Organisation
Natürlich ist eine Work & Travel Organisation nicht notwendig – aber praktisch. Anbieter wie STA Travel buchen für Reisende einen Flug sowie die ersten beiden Nächte in einem Hostel. Zudem geben Organisationen in kurzen Vorträgen wichtige Informationen zum Arbeitsleben im jeweiligen Land. Gleichzeitig bieten solche Organisationen an, dass man Briefe und Pakete dorthin schicken darf. Wie wichtig das sein kann, beschreibt ein anderer Abschnitt.
Ein weiterer Vorteil von Work & Travel Organisationen ist, dass man mit anderen Reisenden ankommt. Seit dem Boarding am Flughafen ist man mit den Neulingen zusammen und kann sich bereits kennenlernen. Somit ist man bei der Ankunft im neuen Land nicht ganz so allein.
Kosten für Work & Travel
Pauschal lässt sich nicht sagen, wieviel ein Jahr Work & Travel kostet. Das hängt davon ab, in welchem Land man herumreist und wie man dort lebt. Jemand, der campt und sich lieber in der Natur aufhält, zahlt natürlich weniger als ein Reisender, der in Hostels übernachtet und auch gerne auf Partys geht. Zumeist werden 25 Euro pro Tag angegeben. Diese 25 Euro beinhalten Unterkunft, Essen, Sightseeing und Transport.
Achtung: Wer sich ein Jahr Auszeit nimmt, hat in dieser Zeit keinen Anspruch auf Kindergeld. Kindergeld wird nur gezahlt, solange ein Bildungsauftrag besteht. Wer also eine Sprachreise macht, hat gute Chancen, weiterhin Kindergeld zu bekommen. Kindergeld wird auch weiter gezahlt, wenn man einen Immatrikulationsnachweis der eigenen Universität vorlegt. Für Backpacker gilt das in der Regel nicht. Dennoch: Nachfragen kostet nichts. Jede Kindergeld-Stelle entscheidet anders.
TFN beantragen
Für das Arbeiten im Ausland wird eine Steuernummer benötigt. In Australien ist das die TFN (Tax File Number). Am besten man lässt sich die Nummer vor der Abreise über einen Serviceanbieter wie Mojoknows beantragen. Somit spart man sich Behördengänge vor Ort.
Nach der Ankunft
Wenn man den ersten Schritt auf den Boden seines Gastlandes setzt, wollen viele Reisende am liebsten sofort losziehen, um Land und Leute zu entdecken. Immerhin bedeutet Work & Travel für viele Abenteuer. Doch zuerst sollte man innehalten und die ersten 14 Tage am Ankunftsort bleiben. Das hat ganz pragmatische Gründe.
Bankkonto und Postadresse
Bevor es losgehen kann, braucht am auch vor Ort ein Girokonto. Nach der Ankunft sollte man deshalb schnellstmöglich eine Bank aufsuchen und dort ein Konto eröffnen. Dafür muss man den Reisepass bereithalten. Die Bankangestellten helfen dabei, ein Girokonto zu eröffnen. Das Ausfüllen der Formulare geht schnell. Auf die EC-Karte muss man jedoch 10 bis 14 Tage warten. Die Karte wird einem zugeschickt. Dafür braucht man eine Postadresse. Die Anschrift des Hostels gilt aber nicht. Somit wären wir wieder bei den Work & Travel Organisationen. Diese stellen nämlich ihre Adresse für so etwas zur Verfügung. Alternativ gibt es Services wie zum Beispiel Mojoknows, die eine reale Postadresse zur Verfügung stellen.
Sobald man einen Brief – zum Beispiel von der Bank – bekommen hat, wird man per Mail darüber informiert. Praktisch: Den Brief erhält man auch als Scan in einer Mail. Somit kann man die Post jederzeit lesen und bearbeiten – auch wenn man gerade nicht an dem Ort mit der angegebenen Postadresse ist.
Sim-Karte
Um günstig telefonieren und surfen zu können, sollte man sich eine Sim-Karte eines Anbieters vor Ort holen. Praktisch sind sogenannte Prepaid-Karten, die mit Guthaben aufgeladen werden. Es gibt auch spezielle Backpacker-Tarife, mit denen günstig ins Ausland telefoniert werden kann.
Wichtig: Man sollte einen Telefonanbieter wählen, der eine Netzabdeckung im ganzen Land garantiert. Immerhin hält man sich als Backpacker in der Regel nicht nur in Großstädten, sondern vor allem in ländlichen und abgelegenen Gebieten auf.
Autokauf
Autokauf –das hört sich erst einmal wahnwitzig an. Immerhin kostet ein Autor viel Geld. Hinzu kommen Benzin und Versicherungen. Doch die Investition lohnt sich. Wer in abgelegenen Gegenden unterwegs ist, wird dankbar für ein eigenes Auto sein. Buslinien oder Züge verkehren dort eher selten. Zudem kann man zur Not im Auto auch mal schlafen. Viele Gebrauchtwagen vor Ort sind bereits zu Backpacker-Zwecke umgebaut. Ist die Zeit vor Ort um, kann der Wagen wieder verkauft werden.
Jobs
Einen guten Job zu finden, ist das A und O beim Work & Travel. Aber: Vor allem in Backpacker-Hochburgen wie Australien, Neuseeland und Nord-Amerika ist die Nachfrage mittlerweile größer als das Anerbot. Daher sollte man sich auf längere Wartezeiten einstellen, bis man einen Job gefunden hat. In Großstädten gibt es mittlerweile Arbeitsagenturen für Backpacker, die entsprechende Jobs anbieten.
Zu den beliebtesten Jobs gehört Fruit Picking (Erntehelfer). Es hört sich sicherlich idyllisch an, auf einem Anhänger in der Sonne zu sitzen und mit anderen gut gelaunten Leuten Beeren zu pflücken. Man sollte aber nicht vergessen, dass es sich dabei um Knochenarbeit handelt. Einen ganzen Tag der australischen Sonne ausgeliefert zu sein, ist irgendwann alles andere als schön. Zudem wird nach Akkord bezahlt. Das heißt: Wer mehr pflückt, bekommt auch mehr Lohn. Damit der Lohn ausreicht, muss hart gearbeitet werden. Farmer kalkulieren in der Erntezeit mit Backpackern genauso hart wie es hierzulande die Bauern mit Erntehelfern zur Spargelzeit tun. Und diesen Job würde nun wirklich niemand als idyllisch und sinnerfüllend bezeichnen.
Die Fruit Picking Jobs sind dennoch heiß begehrt. Nicht jeder Bewerber bekommt auch eine Stelle. Ein guter Tipp sind Pubs in abgelegenen Orten. Dort wird oftmals Barpersonal gesucht. Da der Andrang dort nicht so groß ist, hat man gute Chancen, einen Jab abzustauben. Unterkunft und Essen wird in der Regel zur Verfügung gestellt. Außerdem kommt man in solchen Lokalen mit den „richtigen“ Einwohnern in Kontakt. Touristen sucht man hier vergebens. Das dürfte doch genau das sein, was Work & Traveller suchen.
Die Schattenseiten beim Work & Travel
Work & Travel ist ein Abenteuer und jedem zu empfehlen, dem es in die weite Ferne zieht. Dennoch: So ein Work & Travel Aufenthalt besteht nicht nur darin, braungebrannte Surfe dabei zuzusehen, wie sie mit ihren Brettern über die Wellen reiten. Work & Travel bedeutet – wie die Bezeichnung bereits verrät – nicht nur Urlaub, sondern auch Arbeit. Viele Stunden am Tag, mitunter jeden Tag, inklusive Wochenende.
Zudem gibt es auch beim Work & Travel ein paar unschöne Seiten, auf die man achten sollte.
Neue Steuerregelung für Work & Travel in Australien seit 2017
Seit 2017 gilt in Australien eine neue Steuerregelung. Bisher konnten sich Backpacker, die länger als sechs Monate in Australien blieben, als „local resident“ melden. Dadurch mussten sie bei einem Jahreseinkommen von bis zu 18.200 AUS Dollar keine Steuern zahlen. Wer dennoch besteuert wurde – was die meisten Arbeitgeber sicherheitshalber getan haben – konnte sich das Geld am Ende der Zeit in Australien mit dem sogenannten TaxBack-Verfahren zurückholen. Ab einem Jahreseinkommen von mehr als 18.200 AUS Dollar wurden 19 Prozent Steuern an das Land gezahlt.
Seit 2017 muss jeder Backpacker ab dem ersten verdienten Dollar 19 Prozent Steuern zahlen. Auch die Möglichkeit, die Steuern am Jahresende zurückzubekommen, gibt es nicht mehr. Wer also in Australien einen Stundenlohn von 17 AUS Dollar verdient – entspricht dem australischen Mindestlohn – hat nach Abzug der Steuern noch 13,50 AUS Dollar übrig. Das sind umgerechnet etwa 9,50 Euro. Das klingt erst mal nicht dramatisch. Man sollte aber beachten, dass die Kosten für den Lebensunterhalt in Australien deutlich höher sind als in Deutschland.
Reiseburnout
Ein Reiseburnout wird für einige Backpacker zum Problem. Sicher, viele Reisende sind so voller Euphorie, dass sie davon verschont bleiben. Aber einige trifft es dennoch. Das Herumreisen, sich immer wieder neuen Leuten vorstellen und neue Kontakte knüpfen, schlaucht. Das ist nicht nur körperlich, sondern auch psychisch anstrengend. Was man dagegen tun kann? Am besten ein paar Tage abschalten und sich ausruhen. Wenn es das Budget zulässt, kann man sich ein nettes Hotelzimmer buchen, sich essen bestellen und auf dem Bett Fernsehen gucken oder ein Buch lesen. Nach der kurzen Auszeit von der Auszeit kann man gestärkt und ausgeruht weiter auf Reisen gehen.
Vorsicht vor Abzocke
Backpacker sind beliebte Opfer bei manchen Arbeitgebern. Die Kombination aus dem unbändigen Arbeitswillen und dem Nichtwissen ihrer Rechte, führt dazu, dass sie am Ende des Jahres mitunter mehrere tausend Euro minus machen. Daher sollte man ein paar Tipps beachten, um sich vor Abzocke zu schützen.
Tanja Kuntz von Travelworks rät: „Man sollte immer eine schriftliche Vereinbarung verlangen, in der die Konditionen des Arbeitsverhältnisses festgelegt sind. Kommt es am Ende zu Schwierigkeiten, hat man etwas schwarz auf weiß.“
Travelworks betreut jährlich rund 10.000 Reisende, die als Work & Traveller, als Freiwilligenarbeiter, Au-Pair oder Schüler ins Ausland gehen. „Wir bieten einen 24-Stunden-Service, falls jemand mal in der Klemme steckt, kann man unsere Ansprechpartner in Deutschland, oder die vor Ort jederzeit kontaktieren“, erklärt Kuntz. Bei Lohnbetrug würden die australischen Kooperationspartner von Travelworks den betreffenden Arbeitgeber kontaktieren und sich dafür einsetzen, dass der Lohn korrekt ausgezahlt würde. Wenn das nichts bringt, werden die entsprechend zuständigen staatlichen Stellen kontaktiert, die dann ihrerseits den fehlenden Lohn vom Arbeitgeber einfordern.
„Ausländische Arbeiter sind sich nur selten ihrer Arbeitnehmerrechte unter australischem Gesetz bewusst – vor allem das zumeist junge Alter, die Sprache und kulturelle Hindernisse kreieren vermehrte Schwierigkeiten“, erklärt ein Pressesprecher der Organisation Fair Work Ombudsmann gegenüber dem Online-Portal Urlaubsguru.de. „Aus diesem Grund arbeiten wir kontinuierlich an neuen und verbesserten Wegen, um Betroffene über ihre Rechte, insbesondere über den Mindestlohn aufzuklären.“
Hier eine Übersicht über die Rechte beim Work & Travel in Australien:
- Der Mindestlohn in Australien liegt bei 16,87 AUS Dollar pro Stunde, oder 640,90 AUS Dollar pro Wochenende.
- Wer einen neuen Job beginnt, sollte einen Fair Work Informationsbrief erhalten.
- Es sollten alle gearbeiteten Stunden und der erhaltene Lohn dokumentiert werden.
- Name des Arbeitgebers und die ABN, die Registernummer des Unternehmens, sollten vermerkt werden.
- Man sollte unbedingt einen schriftlichen Arbeitsvertrag verlangen.
- Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dem Angestellten innerhalb eines Tages der Lohnzahlung eine schriftliche Lohnabrechnung zu geben.
- Über weitere Ansprüche wie Rentenbeiträge etc sollte man sich beim Arbeitgeber oder bei Fair Work informieren.
Das klingt alles in allem nach viel Bürokratie und wenig Freiheit. Aber es ist wichtig. Um den Aufwand vor Ort etwa zu verkleinern, sollte man sich bereits vor der Abreise über die Rechte im Zielland informieren. Somit ist man gut vorbereitet und man erlebt keine bösen Überraschungen.